Symposium: Der Balkan und die EU – A Toxic Relationship?

21. April 2024
Sudetendeutsches Haus / Hochstraße 8 / 81669 München
13:30–18:00 Uhr, Einlass um 13 Uhr

Die augenzwinkernde Analogie der „toxischen Beziehung“ deutet auf ein ernsthaftes Problem zwischen der EU und den Balkanländern hin. Auch hier gibt es (emotionale) Manipulation, Untreue und oft – jedoch nicht oft genug – echte Liebe. Auf den Balkantagen 2024 möchten wir diese „toxische Beziehung“ deshalb mit der leidenschaftlichen Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgründigkeit untersuchen, die typisch für unser einzigartiges Kulturfestival ist.

Vor 20 Jahren hat die EU den Balkanländern auf dem sog. „Westbalkan-Gipfel“ eine Liebeserklärung gemacht und ihnen die Welt versprochen: eine stabile wirtschaftliche Entwicklung, ein besseres politisches System und vor allem einen baldigen EU-Beitritt. Der Funke war übergesprungen und die unglückliche Liebesbeziehung nahm ihren Lauf: Viele junge Bürgerinnen und Bürger der Balkanländer kamen durch die Annäherung in die EU – eine demografische Katastrophe für die Herkunftsländer. Ihrerseits investierte die EU-Milliarden in die Infrastruktur der Balkanländer – wobei diese Zuneigung nach der Wirtschaftskrise 2008 zunehmend entzogen wurde.

Panel 1: Der Balkan und die EU: Friendzone Forever? (Englisch)

Insgesamt hat die EU ihr Gelübde nicht eingehalten und auch die Europawahl 2024 wird daran wohl nicht viel ändern. Denn die EU ist gespalten über die Beziehung zum Balkan: Zum einen braucht sie die Energie der Fachkräfte vom Balkan und freut sich über die Annehmlichkeiten des Balkans als Urlaubsziel. Zum anderen hat sie Bindungsängste, fürchtet sich vor Zuwanderung und Erweiterung. Doch auch die Balkanländer verhalten sich nicht immer wie Traumpartner: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit lassen mitunter zu wünschen übrig. Unterdessen leiden die Balkanländer unter der ungewissen Zukunft. Deshalb liebäugeln sie auch mit Verehrerinnen wie China, Russland, Türkei und anderen. Eine Dreiecksbeziehung – oder gar eine offene Beziehung! – ist allerdings schwer denkbar.

Panel:

  • Dr. Boris Buden, European Institute for Progressiv Cultural Policies Vienna, HfG Karlsruhe
  • Dr. Ana Černok / Anna Csernok, Università degli studi di Trieste, Italien
  • Bojan Pantić, Doktorand an der Universität Erfurt, Forscher der „Soft-Power“-Einflüsse Russlands und Chinas auf dem Balkan
  • Petăr Jakimov, Konsultant und Antikorruptionsaktivist („Pesho Stachkata“), Bulgarien/VK
Dr. Boris Buden
Prof. Dr. Ana Černok
Bojan Pantić
Petăr Jakimov

Panel 2: Der Balkan und die EU: Ist eine Paartherapie notwendig? (Deutsch)

Doch eine Trennung von EU und Balkan kommt nicht in Frage, alleine aufgrund der geographischen Nähe. Auch kulturell, gesellschaftlich und geschichtlich schwingen EU und Balkan oft auf einer Wellenlänge. Womöglich bedarf es also einer Paartherapie! Darin sollten viele offene Fragen und Beziehungsprobleme besprochen werden: Was müssten politische Entscheidungsträger*innen unternehmen, um eine konstruktive Beziehung zu ermöglichen? Welche Rolle sollte die Zivilgesellschaft übernehmen? Wie passt die Kultur des Balkans in ein vereintes Europa? Und vor allem: Können sich der Balkan und die EU erneut ineinander verlieben?

Panel:

  • Dr. Dennis Dierks, Leipzig Research Centre Global Dynamics (ReCentGlobe)
  • Bojana Lalatović, RYCO, Montenegro
  • Dr. Edvin Pezo, Leibniz Institut for East and Southeast European Studies, Regensburg
Dr. Dennis Dierks

Dr. Dennis Dierks ist derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leipzig Research Centre Global Dynamics (ReCentGlobe) der Universität Leipzig. Zuvor leitete er im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Transottomanica: Osteuropäisch-osmanisch-persische Mobilitätsdynamiken“ ein Projekt zur Modernisierungsgeschichte muslimischer Gemeinschaften im östlichen Europa im frühen 20. Jahrhundert. Von 2016 bis 2019 war er einer der Sprecher des von der Europäischen Kommission geförderten Jean-Monnet-Netzwerkes „Applied European Contemporary History“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der historischen Nationalismusforschung, Kulturen des Erinnerns in multikulturellen sowie durch Kriegs- und Gewalterfahrungen geprägten Räumen sowie der Geschichte von Reform und Revolution im östlichen Europa.

Dr. Dennis Dierks is currently a research associate at the Leipzig Research Centre Global Dynamics (ReCentGlobe) at Leipzig University. Previously, he led a project on the history of modernization of Muslim communities in Eastern Europe in the early 20th century as part of the DFG Priority Programme „Transottomanica: Eastern European-Ottoman-Persian Mobility Dynamics”. From 2016 to 2019, he was one of the speakers of the Jean Monnet Network „Applied European Contemporary History“, funded by the European Commission. His research interests focus on historical nationalism studies, cultures of remembrance in multicultural and war-affected spaces, as well as the history of reform and revolution in Eastern Europe.

Bojana Lalatović

Bojana Lalatović arbeitet als Programmbeauftragte im RYCO-Landesbüro in Montenegro. Sie hat einen LLM in Europäischer Integration von der Universität Belgrad und promoviert derzeit in Internationalem Öffentlichem Recht. Mit drei veröffentlichten wissenschaftlichen Artikeln in namhaften Zeitschriften setzt sie sich weiterhin für die Fortführung ihrer Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der EU-Integration des Westbalkans ein. Ihre berufliche Erfahrung umfasst Tätigkeiten im Rahmen des offiziellen EU-Regional-Kommunikationsprogramms für den Westbalkan, des Projekts des Europarats „Horizontal Facility for WB and Türkiye No-Hate-Speech-Campaigns“, des Innenministeriums von Montenegro – des Operationellen Kommunikationszentrums, des Balkan Forums und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich auf die EU-Integration auf dem Westbalkan konzentrieren. Bojanas akademische Exzellenz wurde mit renommierten Stipendien wie dem KAS Rule of Law Program South East Europe Stipendium usw. ausgezeichnet. Bojana ist Absolventin international renommierter Sommerschulen wie dem Europäischen Forum Alpbach und dem Bled Strategic Forum. Sie nahm auch am ERASMUS+ Mobilitätsprogramm an der Universität Roma Tre, Italien, teil. Sie besitzt mehrsprachige Kompetenz und spricht Montenegrinisch/Serbisch, Englisch, Russisch und Italienisch.

Bojana Lalatović works as Programme Officer at RYCO Local Branch Office in Montenegro. She holds an LLM in European Integration from the University of Belgrade and is currently pursuing a PhD in International Public Law. With three published scientific papers in prominent journals, she remains committed to advancing her research endeavors in the field of EU integration of the Western Balkans.

Her professional background includes roles within the official EU Regional Communication Programme for the Western Balkans, the Council of Europe project-Horizontal Facility for WB and Turkey no-hate speech campaigns, the Ministry of Internal Affairs of Montenegro – Operational Communication Center, The Balkan Forum, and other civic organizations focused on EU integration in the Western Balkans. Bojana’s academic excellence has been recognized with prestigious scholarships like the KAS Rule of Law Program South East Europe scholarship, etc.

Bojana is an alumna of internationally renowned summer schools such as the European Forum Alpbach and Bled Strategic Forum. She also took part in the ERASMUS+ mobility programme at the University of Roma Tre, Italy. She possesses multilingual proficiency and speaks Montenegrin/Serbian, English, Russian, and Italian.

Dr. Edvin Pezo (Foto: IOS/Neverflash.com)

Dr. Edvin Pezo studierte Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Neuere/Neueste Geschichte und Wirtschaftsgeographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (M.A. 2001). Er promovierte 2009 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In den Jahren zuvor war er wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Südost-Institut (2001–2003/Projekt: Ethnodoc) sowie wissenschaftliche Hilfskraft am Centrum für angewandte Politikforschung in München (2005–2008/Projekt: Captive States, Divided Societies). Von 2008 bis 2010 war er Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Universität Regensburg. Seit April 2010 ist er am vormaligen Südost-Institut bzw. heutigen Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung als Redakteur und Koordinator des mehrbändigen Handbuchprojektes „Handbuch zur Geschichte Südosteuropas“ tätig. Hier arbeitet er ebenso an der Fertigstellung einer Monographie zur Macht- und Herrschaftsproblematik im sozialistischen Jugoslawien.

Dr. Edvin Pezo studied East and Southeast European History, Modern/Contemporary History, and Economic Geography at Ludwig-Maximilians-Universität München (M.A. 2001). He obtained his Ph.D. in 2009 from Friedrich-Schiller-Universität Jena. Prior to that, he worked as a research project assistant at the Südost-Institut (2001–2003/Project: Ethnodoc) and as a research assistant at the Centrum für angewandte Politikforschung in München (2005–2008/Project: Captive States, Divided Societies). From 2008 to 2010, he was a lecturer for special tasks at the University of Regensburg. Since April 2010, he has been working at the former Südost-Institut, now Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, as an editor and coordinator of the multi-volume handbook project „Handbuch zur Geschichte Südosteuropas“. He is also working on completing a monograph on power and governance issues in socialist Yugoslavia.

Balkantage 2024: Der Balkan und die EU – Ein Neustart?

Nach einer Festsetzung der Probleme in dieser Beziehung und möglichen Auswegen, wird eine neue Perspektive angeboten. Ist ein Neustart in dieser Beziehung notwendig — und unter welchen Voraussetzungen?

Panel:

  • Dr. h.c. Bernd Posselt, ehem. Mitglied des Europäischen Parlaments, Paneuropa Union Deutschland, München
  • Kati Schneeberger, Bund europäischer Jugend / Junge europäische Föderalisten Österreich (BEJ/JEF); Vorsitzende VIENNA goes EUROPE, Wien
Dr. h.c. Bernd Posselt

Dr. h.c. Bernd Posselt ist ein Politiker der CSU und ehrenamtlicher Funktionsträger bei der Paneuropa-Union sowie bei den Sudetendeutschen. Er war von 1994 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlamentes für Bayern, ist seit 1998 Präsident der Paneuropa-Union Deutschland und seit 2008 Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Er war von 2000 bis 2008 und ist wieder seit 2014 außerdem Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft. 

Dr. h.c. Bernd Posselt is a politician of the CSU and holds honorary positions in the Paneuropa-Union and among the Sudeten Germans. He was a Member of the European Parliament for Bavaria from 1994 to 2014, and has been the President of the Paneuropa-Union Germany since 1998 and the spokesperson for the Sudeten German ethnic group since 2008. He was also the Federal Chairman of the Sudeten German Homeland Association from 2000 to 2008 and has been one again ever since 2014.

Kati Schneeberger (Foto: Anna Stöcher)

Kati Schneeberger ist in der DDR geboren und aufgewachsen, lebt aber nun inzwischen seit über 30 Jahren in Wien. Die Erfahrungen mit einem Leben in der Diktatur prägen ihr politisches Engagement sehr stark. So hat sie 2019 den Verein „Vienna goes Europe“ gegründet, um das europäische Bewusstsein zu stärken und Wissen über die Europäische Union vermitteln.

Weitere Schwerpunkte sind der Kampf gegen Desinformation und russische Propaganda sowie die Erweiterung der EU, mit speziellem Fokus auf die Ukraine, Kosovo und Serbien. Den Auslöser für die intensivere Arbeit zum Kosovo, speziell im Norden des Landes, gab ihre Online-Petition für die Visa-Liberalisierung.

Inzwischen hat sie für die Unterstützung der Republik Kosovo auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft den Verein „Kosovo goes Europe“ gegründet. Nach einigen Jahren als Lehrerin für Politische Bildung ist sie seit Anfang 2024 Bundesgeschäftsführerin vom Bund europäischer Jugend/Junge europäische Föderalisten (BEJ/JEF) in Österreich. Seit 1955 setzt sich dieser Verein in Österreich für ein erweitertes und vertieftes Europa ein, zum Schutz unserer Demokratie und des Friedens.

Kati Schneeberger was born and raised in the GDR, but has been living in Vienna for over 30 years. Her political engagement has been strongly influenced by her life during the dictatorship. She founded the organization „Vienna goes Europe“ in 2019 in order to improve European awareness and share knowledge about the European Union.

Her further fields of focus include the fight against disinformation and Russian propaganda as well as the broadening of the EU with a particular emphasis on Ukraine, Kosovo and Serbia. What kick-started her extensive work with Kosovo, specifically in the North of the country, was her online petition for the liberalization of visas.

In the meantime, she has founded „Kosovo goes Europe“ in order to support the Kosovo’s integration into the EU. She has been the Federal Managing Director of the Bund europäischer Jugend/Junge europäische Föderalisten (BEJ/JEF) since the beginning of 2024 after having worked as the Head of Political Affairs for a couple of years. Since 1955, this Austrian association has been committed to creating an expanded and deeper Europe, in order to protect democracy and peace.