Balkantage 2021 – Konzept

Balkanconnection 2.0
Die junge Generation und die Zukunft der Region

Wie kann ein junger Mensch vom Balkan heutzutage seine Ideen und Werke präsentieren und ein Publikum finden? Was für Visionen einer Zukunft hat er? Führt der einzige Weg aus der Stagnation in die Diaspora? Wie können die Sozialen Medien genutzt werden, um eine positive Balkanconnection 2.0 zu schaffen und weiter zu entwickeln? Und wie kann diese in Zeiten der Pandemie dafür sorgen, dass Menschen sich zwar sozial distanzieren, aber eine authentische, innere Nähe schaffen? Wie kann die Kunst vom Balkan dabei eine wichtige Rolle einnehmen? Und welchen Einfluss hat die neue Generation auf Politik hier in Deutschland, aber auch in den jeweiligen Heimatländern?

Mit unserem Festival möchten wir im Jahr 2021 für die junge Generation des Balkans, sowohl in den einzelnen Ursprungsländern als auch in der Diaspora, eine Plattform bieten, um einen Diskurs über die Vision einer Zukunft für die Kunst und Kultur der Region zu führen. Besonders in der Zeit während und nach der Coronakrise wird es wichtig werden, neue Weg der Zusammenarbeit und Kommunikation zu suchen, um jungen Künstler*innen die Möglichkeit zu geben, die Gesellschaft zu formen und weiterzuentwickeln. Eine ganze Reihe neuer, progressiver und mutiger Aktivisten zeigen bereits über Social Media ihre Werke und stehen mit ihren Followern in der Diskussion, wobei die nationalen und die Klassengrenzen zunehmend verschwinden und die jungen Menschen sich nur noch über ihre Vorlieben und Interessen unterscheiden. Zwischen denen, die hier in Westeuropa einen Lebensmittelpunkt haben, aber vom Balkan stammen, und denen, die noch dort leben, aber oft schon nach außen streben, soll sich eine Balkanconnection 2.0 bilden. Diese Verbindung soll auf unserem Festival konstruktiv genutzt werden, um neue Kontakte für zukünftige Projekte zu schaffen, die aktuellen Projekte vorzustellen und der lokalen Szene neue Impulse und Ideen zu geben.

Diese neue Generation spricht auf eine mutige Art mit einer eigenen Stimme, die überall in Europa und der Welt gehört werden will. Sie verbindet die Seele des Balkans, die Tradition und die überlieferte Kultur mit der modernen Welt und den Ideen der Zukunft. Nicht nur will sie sich in der individuellen Performance und dem eigenen Engagement zeigen, sondern verlangt zunehmend eine politische Teilhabe. Auch in Deutschland leben mittlerweile so viele Menschen vom Balkan, die zwar bereits die Gesellschaft durch ihren sozialen und künstlerischen Einsatz prägen, aber eben auch mehr Einfluss auf die aktive Gestaltung der Politik und Kultur gewinnen wollen. Dies ermöglicht eine spannende Wechselwirkung zwischen den einzelnen Gruppen mit unterschiedlichem Background und öffnet den Diskurs für zukunftsorientierte Themen.

Die jungen Leute vom Balkan wollen nicht mehr nur die Opfer von Politik sein und das System aushalten müssen, dass ihnen jegliche Perspektive vernichtet, sondern sie wollen sich sozial und künstlerisch engagieren und ihre Potenziale nutzen, um eine bessere Zukunft für sich und ihre Mitmenschen zu schaffen.

Friedensprojekt Balkantage
Ein Festival der Verständigung

Die Balkantage sind seit 14 Jahren ein fester Bestandteil in der Kulturszene Münchens. Das Motto zum 15. Jubiläum des Festivals, das nächstes Jahr vom 26.2. bis 5.4.2021 in München stattfindet, lautet „Balkanconnection 2.0: Die junge Generation und die Zukunft der Region“.

Im Mittelpunkt steht diesmal die junge Generation des Balkans, sowohl in den einzelnen Ursprungsländern als auch in der Diaspora. Sie erhält hier die Möglichkeit, eine Vision für Kunst, Kultur und Gesellschaft in der Region zu entwickeln. Besonders während und nach der Corona-Pandemie ist es wichtig, hierfür neue Wege der Zusammenarbeit und Kommunikation zu suchen.

Das Festival mit seinen vielfältigen kulturellen Veranstaltungen mit über 5000 Besuchern bietet immer auch eine Plattform zum Diskurs über die Zukunft von Kunst, Kultur und Leben in der Region und fördert den Dialog zwischen den Kulturen sowie Lebensweisen aller Länder auf der Balkanhalbinsel.

Das ist auch bitter nötig. Vor nicht allzu langer Zeit, in den 90er-Jahren, führten die einzelnen Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawiens gegeneinander einen brutalen Krieg, der schließlich zum Zerfall des Balkanstaats führte. Die Teilung des Landes in verschiedene Nationalstaaten drückt sich dabei nicht nur durch die Staatsgrenzen der jeweiligen Länder aus, sondern bis heute auch in der extremen Abgrenzung verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen voneinander.

Auf den Balkantagen kommen alle Volksgruppen friedlich zusammen, erkennen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede und tanzen zu traditioneller Musik während des Balkanbasars Hand in Hand. Dies zu organisieren und Wirklichkeit werden zu lassen, war besonders ganz am Anfang nicht leicht und eigentlich ein großes Risiko, denn die Wunden des grausamen Kriegs waren und sind noch immer tief und schmerzhaft.

Konzept und Idee für die Balkantage kamen von Sadija Klepo, der Vereinsgründerin von „Hilfe von Mensch zu Mensch e.V.“ und Dr. Dieter Hüttner. Sadija Klepo hat den Krieg miterlebt und ist mit drei Kindern aus Bosnien geflüchtet. Dennoch hat sie die Vision eines friedlichen Miteinanders nie aufgegeben und hielt allen Widerständen und Zweifeln zum Trotz daran fest.

Der Verein „Hilfe von Mensch zu Mensch“ entstand 1992 aus einer Hilfs- und Spendeninitiative für bosnische Kriegsflüchtlinge, hat sich ständig weiterentwickelt und setzt sich bis heute dafür ein, unsere Gesellschaft menschlicher und offener zu gestalten. Migrant*innen und Flüchtlinge werden dabei unterstützt, auf eigenen Beinen zu stehen, um sich in die deutsche Gesellschaft integrieren zu können. Mittlerweile arbeiten mehr als 200 Mitarbeiter*innen aus über 30 Nationen für dieses gemeinsame Ziel. Mit ihrem selbstlosen humanitären Engagement für die ganze Gesellschaft hat Sadija Klepo in Deutschland neue Maßstäbe in der Integrations- und Migrationsarbeit gesetzt. Dafür erhielt sie am 3. November 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande die höchste Ehrung der Bundesrepublik Deutschland.

Kultur, Teilhabe, Austausch

Das Jahr 2020 zeigte, wie essentiell Kultur, Teilhabe und Austausch ist. Die mehrjährige Kooperation zwischen Hilfe von Mensch zu Mensch e. V. und der MÜNCHENSTIFT GmbH im Rahmen der Balkantage widmet sich genau diesen drei Säulen des Menschseins.

In den neun Häusern der MÜNCHENSTIFT leben ältere Menschen, die dauerhaft Betreuung und Pflege benötigen und im Alltag auf Hilfe angewiesen sind. Seit 2014 sind wir auf dem Weg der interkulturellen Öffnung. Wir wollen unsere Häuser und Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund attraktiv machen. Das diesjährige Motto der Balkantage „Die junge Generation und die Zukunft der Region“ bietet einen weiteren guten Anlass, sich über gemeinsame generationsübergreifende Projekte auszutauschen.

Wir, Bewohner*innen und Mitarbeitende der MÜNCHENSTIFT sowie unsere Freund*innen und Gäste, freuen uns auf anregende Gespräche, auf ein gegenseitiges Kennenlernen und Momente des Miteinanders. Wir freuen uns auf Stunden der Musik, des Tanzes und der Literatur aus den diversen Kulturen und Traditionen aller Länder der Balkanhalbinsel.

Allen Mitwirkenden herzlichen Dank.